Billigstrom-Hack – für 10 ct/kWh beim Arbeitgeber laden und zuhause nutzen

Großer Guide

Für 10 ct/kWh beim Arbeitgeber laden – und zuhause nutzen? So realistisch ist der „Billigstrom-Hack“

Viele E-Auto-Fahrer laden am Arbeitsplatz besonders günstig oder sogar gratis. Die naheliegende Frage: Kann ich diesen Strom später zuhause verwenden – über das Auto, einen Stromspeicher oder smarte Technik? Dieser Guide erklärt die Technik (V2H/V2L/Heimspeicher), Rechenbeispiele, Grenzen, Recht & Praxis – ohne Marketing-Blabla.

⏱️ Lesezeit: 10–12 Min 🔌 Themen: V2H, V2L, Speicher 💶 Fokus: Kosten & Recht
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Die Idee – und drei Wege, wie du günstigen Strom mit nach Hause nimmst

Wenn du für 10 ct/kWh (oder wenig mehr) beim Arbeitgeber lädst, ist die Verlockung groß, diesen Strom daheim zu nutzen. Grundsätzlich gibt es drei Pfade:

  • V2H (Vehicle-to-Home): Das Auto speist über eine bidirektionale Wallbox in deine Hausinstallation ein. Das Haus wird direkt aus dem Traktionsakku versorgt.
  • V2L (Vehicle-to-Load): Das Auto stellt über eine 230-V-Steckdose (meist 2–3,6 kW) Wechselstrom bereit – ideal für einzelne Verbraucher, nicht für die ganze Hausinstallation.
  • Externer Heimspeicher: Du lädst zuhause billigen Netzstrom, wenn er günstig ist (z. B. dynamischer Tarif, PV-Überschuss), und entlädst in teure Zeiten. Das ist kein „Stromtransport“ vom Arbeitgeber – aber wirtschaftlich ähnlicher Effekt.
Wichtig: „Vom Arbeitgeber laden – zuhause ins Netz einspeisen“ ist in Deutschland nur mit zugelassenen V2H-Lösungen und hinter dem eigenen Zähler (anti-islandend, normkonform) zulässig. Wildes Rückspeisen über Provisorien ist tabu.
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V2H, V2L & Heimspeicher – die Technik in 5 Minuten

V2H (Vehicle-to-Home)

Das Auto liefert DC-Energie, die eine bidirektionale DC-Wallbox in haustauglichen AC-Strom wandelt und hinter deinem Zähler einspeist. Notwendig: ein V2H-fähiges Fahrzeug (Protokoll wie CHAdeMO bidirektional, künftig ISO 15118-20 via CCS), eine zertifizierte Wallbox/Insel- bzw. Netzparallel-Schaltung und Anmeldung beim Netzbetreiber.

V2L (Vehicle-to-Load)

Viele aktuelle Modelle (z. B. Hyundai/Kia, MG, BYD u. a.) bieten eine Schuko-Steckdose am Fahrzeug. Damit kannst du einzelne Verbraucher (z. B. Kühlschrank, Kaffeemaschine, Heimarbeitsplatz) versorgen. Für die Hausverteilung brauchst du einen umschaltbaren Einspeisepunkt (Netz/Notstrom-Umschalter durch Elektrofachbetrieb!).

Heimspeicher

Ein stationärer Speicher (z. B. 5–15 kWh) wird über einen Hybrid- oder AC-gekoppelten Wechselrichter geladen. Er kann PV-Strom puffern oder mit dynamischen Tarifen billigen Netzstrom in teure Zeiten verschieben. Das ist die rechtlich einfachste Variante, erfordert aber Invest.

Wirkungsgrad (grobe Praxis)
V2H Round-Trip ~80–90 % · Heimspeicher ~85–92 % · V2L → einzelne Geräte, keine Hauskopplung ohne Umschalter
Leistung
V2H je nach Wallbox mehrere kW · V2L 2–3,6 kW · Heimspeicher 3–10 kW
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Was ist Stand heute in Deutschland realistisch?

  • V2H produktiv: Möglich, aber (noch) nischig. Es braucht ein passendes Auto + geprüfte bidirektionale Wallbox + Zustimmung/Anmeldung beim Netzbetreiber. CHAdeMO-Fahrzeuge waren Vorreiter; CCS-V2H kommt mit ISO 15118-20 schrittweise in den Markt.
  • V2L alltagstauglich: Sehr einfach nutzbar für Insel-Betrieb einzelner Geräte oder bei Stromausfall. Für „Haus speisen“ ist ein fachgerecht installierter Umschalter Pflicht, sonst Lebensgefahr und illegal.
  • Heimspeicher + Tarife: Heute am verbreitetsten. Kombi mit PV und/oder dynamischen Preisen (Stunde X) bringt stabile Einsparungen – ohne Fahrzeugbindung.
Reality-Check: „Ich lade billig bei der Arbeit und entlade abends mein Haus“ funktioniert heute am einfachsten mit V2L (für Einzelgeräte) oder mit Heimspeicher + günstigem Tarif. Vollwertiges V2H ist möglich, aber planungs- und genehmigungsintensiv.
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Rechenbeispiel: Lohnt sich das wirklich?

Nehmen wir dein Szenario: Du lädst beim Arbeitgeber für 0,10 €/kWh. Zuhause zahlst du 0,35 €/kWh.

Preisdelta
0,25 €/kWh
Tägliche Energiemenge
20 kWh (Autoakku/Heimspeicher nutzbar)
Brutto-Ersparnis
20 kWh × 0,25 € = 5,00 €/Tag

Jetzt die Realität abziehen: Wirkungsgradverluste (Laden/Entladen) ~10–15 %, Standzeiten, Reserve im Akku, etc. Netto bleiben ~4,25–4,50 € pro Tag. Auf 20 Arbeitstage: ~85–90 €/Monat. Klingt gut!

Aber: Rechne auch Akku-Verschleiß (zusätzliche Teilzyklen), Hardwarekosten (Wallbox/Umschalter/Wechselrichter), sowie mögliche steuerliche Aspekte ein. Bei Heimspeichern addierst du Kapitalkosten (Zins+Abschreibung).
Du willst es für deine Geräte durchkalkulieren? Nutze den Stromsparrechner für Verbrauch & Kosten – und setze dein persönliches Preisdelta an.
Zum Stromsparrechner
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Recht, Steuern & Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber

  • Arbeitsrecht/AGB: Kläre, ob das Laden privat erlaubt ist und ob es Mengen- oder Zeitlimits gibt. „Laden fürs Zuhause“ kann gegen interne Regeln verstoßen – Transparenz ist Pflicht.
  • Steuerlich (DE): Das unentgeltliche oder verbilligte Laden beim Arbeitgeber ist derzeit steuerbegünstigt (nach aktueller Rechtslage bis in die 2030er vorgesehen). Details bitte mit Steuerberatung/Arbeitgeber klären, da Ausgestaltung & Fristen sich ändern können.
  • Netz & Sicherheit: Rückspeisen ins Hausnetz nur mit zugelassenen Geräten, Anti-Insel-Schutz, Anmeldung/Abstimmung mit Netzbetreiber. V2L nie „einfach so“ in Hauskreise speisen – immer Umschalt-Einrichtung vom Elektrofachbetrieb.
Kurz: Technisch möglich ≠ automatisch erlaubt. Lieber einmal sauber klären, als später Stress mit Arbeitgeber, Versicherer oder Netzbetreiber zu haben.
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Schritt-für-Schritt: Von der Idee zur Umsetzung

  1. Status klären: Darfst du privat am Arbeitsplatz laden? Gibt es eine Abrechnung? Preis fix/variabel?
  2. Variante wählen: V2L (einfach/Einzelgeräte), Heimspeicher (robust), V2H (mächtig, aber komplex).
  3. Technik prüfen: Auto V2H-fähig? Passende Wallbox verfügbar? Oder reicht V2L + Umschalter?
  4. Elektrofachbetrieb einbinden: Umschaltbox/Netztrennung (bei V2L-Hausbetrieb), Wallbox-Montage, Anmeldung beim Netzbetreiber.
  5. Regeln bauen: Wann wird geladen/entladen? Mindest-SoC fürs Pendeln, Nachtlasten priorisieren (Kühlung, Router, Server).
  6. Monitoring: Wirkungsgrade, Kosten, Zyklen – nach 4–8 Wochen nachjustieren.
Quick-Wins
V2L: Büro-PC, Router, Kühlschrank – sofort messbar. Heimspeicher: Tarife & PV koppeln.
No-Gos
Keine Einspeisung ohne Umschalter/Schutz. Keine „Steckdosen-Rückspeisung“ in Hauskreise.

FAQ – Häufige Fragen (12)

1) Was ist der Unterschied zwischen V2H und V2L?

V2H speist dein Haus über eine bidirektionale Wallbox; V2L versorgt einzelne Geräte über 230 V-Steckdose am Auto.

2) Kann ich mit V2L das ganze Haus betreiben?

Nein. V2L ist für Einzelgeräte. Für Hausbetrieb brauchst du eine umschaltbare Einspeisung und ein fachgerechtes Konzept (Sicherheit/Netztrennung).

3) Welche Autos können V2H?

Einige Modelle (historisch oft CHAdeMO) unterstützen V2H. CCS-V2H kommt mit ISO 15118-20 zunehmend. Prüfe Herstellerangaben und Verfügbarkeit passender Wallboxen in DE.

4) Wie stark ist der Einfluss auf die Akku-Lebensdauer?

Zusätzliche Zyklen bedeuten Verschleiß – flache Teilzyklen sind meist schonender. Setze SoC-Fenster (z. B. 30–80 %) und vermeide tägliche Vollzyklen.

5) Ist Rückspeisen ins öffentliche Netz erlaubt?

Nicht ohne Weiteres. V2H findet hinter deinem Zähler statt. Einspeisung ins öffentliche Netz (V2G) erfordert zusätzliche Zulassungen/Verträge.

6) Brauche ich eine Genehmigung vom Netzbetreiber?

Für leistungsstarke Erzeuger/Wallboxen ist Anmeldung Pflicht, teils Zustimmung. Der Elektrofachbetrieb macht das mit dir.

7) Kann der Arbeitgeber Lade-Privilegien widerrufen?

Ja, das liegt in seiner Hoheit. Deshalb immer schriftliche Freigaben/Regeln einholen – fair bleibt fair.

8) Wie rechne ich Wirtschaftlichkeit?

Preisdelta × genutzte kWh − Verluste − Hardwarekosten/Abschreibung − evtl. Akku-Kosten. Unser Stromsparrechner hilft dir beim Verbrauchsteil.

9) Welche Leistungen sind sinnvoll?

Für „Grundlast“ reichen 0,5–1,5 kW. Für Haushaltsspitzen (Herd, Boiler) brauchst du deutlich mehr – das ist eher Heimspeicher/Netzbetrieb.

10) Was ist bei Stromausfall?

V2L ist super als Notstrom. V2H kann echten Inselbetrieb bieten – sofern Wallbox/Wechselrichter das können. Immer mit Netztrennung!

11) Kann ich „billigen Arbeitsstrom“ in meinen stationären Speicher laden?

Direkt nicht – du kannst den Speicher nur zuhause laden. Der „Transport“ geht praktisch nur über das Auto (V2H/V2L). Alternativ: dynamische Stromtarife nutzen und günstig laden.

12) Gibt es Förderungen?

Regional unterschiedlich (Kommunen, Netzbetreiber, Programme). Prüfe aktuelle Fördermittel für Wallboxen, Speicher, PV.

Rechtlicher Hinweis (Disclaimer)

Dieser Beitrag liefert allgemeine Informationen. Technik, Normen und steuerliche Regeln ändern sich. Rückspeisung, Umschaltlösungen und Arbeiten an elektrischen Anlagen gehören in die Hände von Fachbetrieben. Keine individuelle Energie-, Finanz- oder Rechtsberatung.

Weiterführende Quellen

  1. Umweltbundesamt – Energiesparen & Elektromobilität
  2. Fraunhofer ISE – Studien zu bidirektionalem Laden
  3. BMUV/BMWK – Infos zu Smart Grids & Netzintegration
  4. VDE – Normung/Netzanschluss, Inselbetrieb & Sicherheit
Michael

Michael Becker ist Gründer von Stromhacks.de und begeistert sich seit vielen Jahren für Technik, Energieeffizienz und clevere Alltagslösungen. Mit Stromhacks.de möchte er sein Wissen teilen und Menschen dabei unterstützen, Stromkosten zu senken und nachhaltiger zu leben.

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